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                                        Landeshauptstadt Magdeburg
- Der Oberbürgermeister Dezernat
I

Amt
FB 01

Datum
10.12.2019
Öffentlichkeitsstatus
öffentlich

I0362/19

INFORMATION
Beratung
Der Oberbürgermeister
Stadtrat

Tag

Behandlung

14.01.2020
20.02.2020

nicht öffentlich
öffentlich

Thema: Einführung eines Jobbikes

Mit Antrag A0257/19 wird der Oberbürgermeister beauftragt zu prüfen, ob den
Verwaltungsmitarbeiterinnen und –mitarbeitern sog. „Jobbikes“ zur Verfügung gestellt werden
können.
Hierbei handelt es sich auch um das sog. Dienstradleasing (Fahrrad oder E-Bike) bzw. um die
Gewährung von Sachbezügen im Sinne einer Entgeltumwandlung.
Aus verschiedenen Gründen, wie zum Beispiel Klimaschutz und saubere Innenstädte,
Mitarbeiterbindung und -motivation sowie zur Gesunderhaltung unserer Beschäftigten scheint
es sinnvoll zu sein, den Beschäftigten der Landeshauptstadt Magdeburg Diensträder zur
privaten Nutzung zu überlassen.
Aus praktischen Erwägungen werden für die Zurverfügungstellung von Diensträdern zur
privaten Nutzung zwei Modelle verfolgt. Entweder der Arbeitgeber/Dienstherr zahlt das
Dienstrad und der Beschäftigte zahlt keinen Anteil oder der Beschäftigte nutzt eine sogenannte
„Entgeltumwandlung“ und muss selber das Rad ganz oder teilweise bezahlen. Der
Arbeitgeber/Dienstherr schließt im zweiten Fall einen Rahmenvertrag mit einem Dienstleister
ab, der diese Diensträder anbietet. In der freien Wirtschaft sind beide Modelle zu finden.
Beiden Varianten sind aber durch das derzeitige Besoldungs- bzw. Tarifrecht Grenzen gesetzt.
a) Besoldungsrecht
Grundsätzlich gilt für die Besoldung der Gesetzesvorbehalt. Das heißt, dass die Besoldung der
Beamten nur durch Gesetz geregelt werden darf. Die Regelungszuständigkeit des
Gesetzgebers für die Besoldung ist nach ständiger Rechtsprechung des
Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, Beschluss vom 24. November 1998, 2 BvL 26/91 u. a.;
BVerfGE 99, 300 <313> m. w. N.) ein hergebrachter Grundsatz des Berufsbeamtentums im
Sinne des Art. 33 Abs. 5 GG.
In Sachsen-Anhalt erfolgt die gesetzliche Regelung für alle unmittelbaren und mittelbaren
Beamten durch das Landesbesoldungsgesetz des Landes Sachsen-Anhalt (LBesG LSA) Nur
die unter § 1 LBesG LSA aufgeführten Besoldungsbestandteile dürfen an die Beamtinnen und
Beamten ausgezahlt werden.

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Eine Gewährung eines Fahrrades zur reinen privaten Nutzung ist besoldungsrechtlich nicht
geregelt. Somit würde die Zurverfügungstellung dieses Fahrrades gegen gesetzliche
Grundlagen verstoßen und wäre somit rechtswidrig.
Des Weiteren sind nach § 2 Abs. 2 LBesG LSA Zusicherungen, Vergleiche und
Vereinbarungen, welche der Beamtin/ dem Beamten eine höhere als die ihr/ihm gesetzlich
zustehende Besoldung verschaffen sollen, unwirksam. Durch die Überlassung von
Diensträdern, ohne dass die Beamtin/ der Beamte einen Teil dazu zahlt, würde die Beamtin/ der
Beamte eine höhere Besoldung erhalten. Der Wert des Fahrrades stellt dabei sozusagen einen
Sachbezug dar. Dies erhöht die Besoldung. Da es dazu aber keine Rechtsgrundlage gibt, wäre
diese Nutzungsvereinbarung unwirksam.
Betrachtet man die Überlassung des Dienstrades im Sinne einer Entgeltumwandlung, stellt dies
eine Reduzierung der Besoldung dar. Die gesetzlich zustehende Besoldung nach § 1 LBesG
LSA würde um den Wert des Dienstrades faktisch reduziert werden. Mit Inanspruchnahme des
Dienstrades würde der Beamte einer Reduzierung seiner Besoldung zustimmen. Dies ist
allerdings gesetzlich verboten. Nach § 2 Abs. 3 LBesG LSA kann der Beamte nicht auf die
zustehende Besoldung ganz oder teilweise verzichten. Dieses Verzichtsverbot muss unter
Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentuns betrachtet werden.
Der Beamte/ die Beamtin soll sich mit voller Hingabe seinem/ihrem Beruf widmen. Dazu muss
dieser/diese vom Dienstherren amtsangemessen bezahlt werden, damit er/sie seinen/ihren
Lebensunterhalt finanzieren kann. Somit soll gewährleistet werden, dass der Beamte/ die
Beamtin seine/ihre Aufgaben unparteiisch und unvoreingenommen ausüben kann. Dies dient
nicht zu Letzt auch der Korruptionsvorbeugung.
Eine Anfrage bei Land Sachsen-Anhalt führte diesbezüglich zu dem Ergebnis, dass momentan
mit einer Gesetzesänderung, wie z.B. in Hamburg angedacht, nicht zu rechnen ist.
b) Tarifrecht
Aus tarifvertraglicher Sicht haben die Beschäftigten nach §§ 15 ff. TVöD (bzw. nach §§ 5 ff. TVV) einen Anspruch auf das jeweilige Entgelt. Entgelt ist in diesem Fall "Geld" (durch
Überweisung auf ein Girokonto der Beschäftigten im Inland, § 24 Abs. 1 Satz 2 TVöD bzw. § 6
Abs. 2 Satz 2 TV- V) und kein geldwerter Vorteil oder gar ein Sachbezug, z. B. in Form von
Tankgutscheinen o. Ä. Im Tarifbereich ist zur Entgeltumwandlung nur die Umwandlung von
Entgeltbestandteilen zum Zwecke der betrieblichen Altersversorgung im TVEntgeltumwandlung/VKA geregelt.
Insbesondere im Hinblick auf E-Bikes ist anzumerken, dass bei der Zurverfügungstellung eines
Dienstfahrrads üblicherweise die Anschaffungs- und möglicherweise auch alle
Unterhaltungskosten eines Dienstfahrzeugs der Arbeitgeber trägt; die private Nutzung obliegt
dann einer weiteren Nutzungsvereinbarung. Eine tarifliche Grundlage für solche
Fahrzeugüberlassungen besteht nicht. Bei den Vertriebsmodellen im Wege des E-BikeLeasings trägt letztlich die Kosten des Fahrzeugs der Beschäftigte, weshalb schon deswegen
der immer wieder gegebene Verweis in den Angeboten auf das "Dienstwagenprivileg" für
problematisch anzusehen ist. Darüber hinaus lässt sich aus den Vermarktungsformulierungen
"Lohnumwandlung" bzw. "Gehaltsumwandlung" keineswegs ableiten, dass durch die begrifflich
beabsichtigte Assoziation zur steuerbegünstigten Entgeltumwandlung zum Zweck der
betrieblichen Altersvorsorge irgendwelche Steuervorteile zwingend mit diesen
Vertriebsmodellen verbunden sind.
Sollte die tarifgebundene Landeshauptstadt Magdeburg arbeitgeberseitig ihren Beschäftigten
ähnlich gelagerte Erwerbsmöglichkeiten bieten, besteht daneben die Gefahr, dass hierin ein
Arbeitnehmerdarlehen zu sehen ist, wobei der Verzicht auf eine Verzinsung durch den
Arbeitgeber einen geldwerten Vorteil mit Folge der Steuerpflicht darstellen würde.

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Zur abschließenden Klärung der tarifrechtlichen Möglichkeiten wurde am 21.05.2019 beim KAV
Sachsen-Anhalt schriftlich angefragt, ob im Sinne der tariflich beschäftigten Mitarbeiterinnen
und Mitarbeiter Lösungsansätze bestehen.
Die Landeshauptstadt Magdeburg ist bereits bemüht Mitstreiter für das Thema zu finden. Die
Stadt Halle sowie Quedlinburg haben Interesse signalisiert. Die Federführung hat der
Kommunale Arbeitgeberverband des Landes Sachsen-Anhalt e.V. (KAV LSA) übernommen.
Zurzeit werden auch verschiedene Umsetzungsvarianten aus anderen Bundesländern und der
freien Wirtschaft gesichtet, um im nächsten Schritt beim Ministerium des Innern des Landes
Sachsen-Anhalt (MI LSA) die nötigen Änderungen der Rechtslage einzufordern. Ein informelles
Gespräch mit dem MI LSA hat der KAV im Juli 2019 geführt, wobei von dort grundsätzliche
Bedenken geäußert wurden.
Fazit:
Zusammenfassend betrachtet gibt es für die Zurverfügungstellung von Diensträdern (Fahrräder
oder E-Bikes), gleich nach welcher Variante, keine besoldungs- oder tarifrechtliche Grundlage.
Von daher muss zumindest zum jetzigen Zeitpunkt festgestellt werden, dass den Beschäftigten
der Landeshauptstadt Magdeburg „Jobbikes“ nicht zur Verfügung gestellt werden können. Es
bleibt abzuwarten, ob in naher Zukunft rechtliche Möglichkeiten eröffnet werden. Die
Stadtverwaltung arbeitet daran.

Holger Platz